Auftretende Probleme bei der Rossigkeit

Der Lebensrhytmus einer Stute wird von ihrem Fortpflanzungszyklus gesteuert. Besonders mit jungen Stuten sollte man viel Geduld haben.

 

Wenig bekannt ist, dass auch Stuten Probleme bereiten können. Die Ursachen liegen am natürlichen Fortpflanzungszyklus, während dem es zu Schwankungen im hormonellen System kommt. Besonders bei jüngeren Tieren, oder Maidenstuten kommt es mitunter zu Stimmungswechseln oder überhöhter Empfindlichkeit. Die Länge des Zyklus und die Dauer der Rossigkeit unterscheidet sich je nach Individuum. Die meisten Stuten werden im Frühling regelmäßig in einem Abstand von ca. 21 Tagen für etwa drei bis sechs Tage lang rossig. Andere Stuten zeigen ihre Rosse während des gesamten Jahres, möglich ist aber auch eine kaum sichtbare Rossigkeit. Der gesamte Lebensrhythmus einer Stute ist darauf ausgerichtet während der Rosse gedeckt zu werden, um im folgenden Frühjahr ein Fohlen zu bekommen - dieser Urinstinkt ist auch bei unseren domestizierten Pferden noch vorhanden, er garantiert das Überleben der Art und die Reproduktion der eigenen Gene

 

Eine Dauerrosse kann mehrere Wochen anhalten


Wird eine Stute nicht gedeckt, kommt es nicht selten zur Dauerrosse, die sogar mehrere Wochen anhalten kann. Um auszuschließen, dass dieser Zustand krankheitsbedingt ist, empfiehlt sich eine tierärztliche Untersuchung. In vielen Fällen handelt es sich um eine natürliche Reaktion des Körpers. Problematisch wird es, wenn die Stute während der Rosse kaum noch reitbar ist. Besonders bei jungen Maidenstuten ist dieses Verhalten oft sehr ausgeprägt.

Verständlicher wird dies, wenn man weiß, dass alle Funktionen des Fort-

pflanzungstraktes einer Stute, gesteuert werden über das Hormonsystem und die stattfindende Hormonausschüttung auch wichtige Teile des Gehirns beeinflusst. Häufig ist es also keine Widersetzlichkeit, wenn die Stute unter Stimmungsschwankungen leidet, schlecht gelaunt, unkooperativ oder überempfindlich ist. Als Reiter sollte man viel Geduld haben und während dieser schwierigen Zeit keine komplizierten Aufgaben verlangen. Hilfreich ist ein geruhsamer Ausritt, ein Spaziergang an der Hand, oder ein Ruhetag auf der Weide. Bewährt bei Verhaltensauffälligkeiten hat sich die Behandlung mit Naturheilverfahren, homöopathischen Medikamenten oder die Gabe von Bachblüten. Insbesondere mit jungen Stuten sollte man sehr viel Geduld haben. Vorausgesetzt die Stute ist gesund und wird artgerecht gehalten, legt sich die Überempfindlichkeit für gewöhnlich mit zunehmendem Alter von selbst. Wo die Möglichkeit besteht zu züchten, kann auch eine Bedeckung in Erwägung gezogen werden. Stuten die einmal ein Fohlen austragen können, werden danach meist viel ausgeglichener.


Die Stute sorgt für Ordnung in der Herde und ist Führungspersönlichkeit

 

Um die Stute besser verstehen zu können, werfen wir noch einen Blick auf die Natur: In einer freilebenden Pferdeherde ist Sicherheit von zentraler Bedeutung. Eine gute Führung ist wichtig für das Überleben der Herde; in der Regel ist es hier die Leitstute, die diese Führung übernimmt und im Rang noch über dem Leithengst steht. Sie sorgt für Ordnung und Zusammenhalt, weiß wo das beste Gras wächst und kennt die sichersten Wasserstellen; sie ist intelligent, mutig, durchsetzungsfähig, Lehrer und Führungspersönlichkeit in einem und ahmt in bestimmten Situationen sogar Hengstverhalten nach. Eine Leitstute erlaubt anderen Stuten häufig keine Fortpflanzung, bevor sie selbst tragend ist und vererbt ihren hohen Rang automatisch an ihre Nachkommen.

Hieraus wird ersichtlich, dass sehr dominante Stuten Probleme haben können sich unterzuordnen. Solche Tiere brauchen eine konsequente und vertrauens-

volle Führung durch den Menschen, der über ausreichend Erfahrung und gute Fachkenntnis des natürlichen Pferdeverhaltens verfügen sollte. Die geborene Leitstute ist aber auch in der Natur eher die Ausnahme. Dennoch sind auch die rangniederen Stuten sehr auf den Zusammenhalt ihrer Herde bedacht. Gemeinsam sorgen sie für den Nachwuchs und dafür, dass jedes Mitglied gewisse Regeln einhält, die das Überleben sichern.

Dazu gehört das respektvolle Einhalten eines bestimmten Individualabstandes, der bei säugenden Stuten zum Schutz der Fohlen dient. Herdenmitglieder die den Raumanspruch einer Stute wiederholt missachten, werden energisch zurecht

gewiesen.

 

Stuten leiden unter der Trennung von Artgenossen

Während die meisten freilebenden Hengste im Alter von etwa zwei Jahren, eigenständige Junggesellengruppen bilden, verbringen Stuten oft ihr gesamtes Leben in ihrer Geburtsherde – diese zu verlassen wäre völlig gegen ihre Natur. Häufig gehen sie feste Bindungen und Freundschaften ein, die jahrelang halten. Aus diesem Grund leiden Stuten oft viel mehr als Wallache oder Hengste unter einer Trennung von Artgenossen oder Veränderungen ihres Lebensumfeldes. Häufig haben Stuten auch großen Stress, wenn sie allein im Hänger transportiert werden. Um dem Pferd das nötige Vertrauen zu vermitteln, hilft geduldiges Üben mit einem passendem Trainingsprogramm. Wichtig ist es die Stute dabei Schritt für Schritt an ihre neue Aufgaben zu gewöhnen. Probleme bereiten kann auch das Bedürfnis vieler Stuten nach Ordnung in ihrer Herde. Besonders wenn sie auf Stuten treffen, die normales Pferdeverhalten nicht in einer intakten Herde erlernt haben, kann es zu ernsthaften Streitigkeiten kommen. Um dies zu vermeiden, sollten Weiden und Ausläufe groß genug sein und entsprechende Rückzugsmöglichkeiten bieten. Notfalls hilft nur eine Trennung der Streithähne. Eine artgerechte Aufzucht, mit ausreichend Bewegungsmöglichkeiten und Sozialkontakten im Herdenverband, ist wichtig für eine gute Anpassungsfähigkeit der Stute im Erwachsenenalter und kann nicht genug betont werden.


Quellen:

  • M.Phyllis Lose/Sabine Meinecke-Tillmann, Die Stute und ihr Fohlen, Paul Parey Verlag 1981
  • Mary Ann Simonds/Dr. med.vet. Dorothe Meyer, Stress bei Pferden, Kosmos Verlag 2007
  • eigene Recherchen

Quelle: Meike Bölts